Im einfachsten Fall erfolgte die gesamte Verarbeitung der Daten nur an der Maschine. Produzierte Werkstücke mit deren Fehler- und Ausschussdaten wurden in ein lokales File gespeichert. Vielleicht gab es eine simple Anbindung des Rechners an ein Firmennetzwerk, wo dann Daten runtergeladen werden konnten und später aufbereitet und weiterverarbeitet wurden.
Fehler sind erst dann erkannt worden, wenn das Problem tatsächlich aufgetreten ist und ein Eingriff unerlässlich war. Was in dieser Konfiguration ebenfalls fehlte, sind Livedaten aus dem Produktionsprozess selbst. Diese Livedaten geben einen aktuellen Überblick der Produktions- und Performancedaten der Anlage. Damit lässt sich instantan abschätzen, wie viele Werkstücke in welchem Zeitraum produziert werden können. Und es kann auch eine Aussage getroffen werden, wie lange die Maschine mit den vorhandenen Aufträgen noch ausgelastet ist.
Die Erwartungshaltung ist gestiegen
Die Erwartungshaltung der Kunden hat sich hinsichtlich Steuerung und Schnittstellen verändert. Eine Linie bestehend aus mehreren Einzelmaschinen, soll zentral gesteuert und konfiguriert werden können. Unsere Erfahrung zeigt, auch wenn die Linie aus Maschinen unterschiedlicher Hersteller besteht, wünschen Kunden eine zentrale Bedienung. Das gleiche gilt für die Schnittstellen. Anbindungen an einzelne Teilmaschinen sollen vermieden werden. Die gesamte Maschinenlinie soll über eine gemeinsame Schnittstelle aus Kundensicht angesprochen werden können. Diese Art von Anforderungen lassen sich am besten mit einer Line Controller Software umsetzen.
Warum Kunden eine smarte Umgebung wollen
Die Vernetzung von Maschinen in einer M2M Struktur ist je nach Branche entsprechend fortgeschritten. Egal in welcher Branche Sie arbeiten oder für welche Branche Sie Maschinen bauen, gehen Sie grundsätzlich heutzutage davon aus: alle Daten online und instantan.
Die Vorteile einer kompletten Integration sind für Hersteller als auch Betreiber vorhanden:
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Energieverbrauch und CO2: das ist sicherlich eines der großen Themen für die kommenden Jahre. Bis jetzt war der Energieverbrauch und das erzeugte CO2 so eine Sache. Man wollte es zwar minimieren aber so eine wirkliche Motivation gab es nicht. Mit 2021 wird in Deutschland und mit 2022 in Österreich die CO2 Abgabe fällig. Ihre Maschinen verbrauchen unnötig Energie – sie müssen dafür zahlen. Um den Energieverbrauch zu optimieren, müssen Sie ihn zuerst kennen. Und zwar bezogen auf die einzelnen Maschinen und noch genauer bezogen auf jedes Ihrer produzierten Teile. Damit Sie diese Daten ermitteln können, benötigen Sie exakte Daten von Ihren Anlagen. Damit können Sie die Energie präzise auf Produktgruppen, Batches oder Einzelstücke zuordnen. Z.B. in der Glasindustrie, wo Härteanlagen eine große Menge an Energie verbrauchen und eine Zuordnung zu Produkten oder Einzelkomponenten notwendig ist.
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Traceability der Werkstücke: wenn Sie wissen müssen, wie lange ein Teil unter welchen Bedingungen in einer Anlage war, geht das nur über Traceability. Z.B. in der Halbleiter- oder Leiterplattenproduktion muss der Produktionsprozess exakt verfolgt und dokumentiert werden können. Die Implementierung von Traceability erzeugt erfahrungsgemäß eine Vielzahl an eventbasierten Daten. Dabei werden die Daten unmittelbar bei Durchführung eines (Teil-) Fertigungsschrittes an das IT-System übergeben. Diese Events reichen von einer Fertigmeldung aus einem Laserdirektbelichter bis hin zu einem Unloadereignis auf einem Ausstapler. Events werden je nach Maschine festgelegt und über eine geeignete Schnittstelle dem Kunden bereitgestellt, z.B. per SECS/GEM.
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Performance und Auslastung: für eine vorausschauende Kapazitätsplanung benötigen Sie die Daten der produzierten Aufträge. Diese Daten sollen gleich automatisch von der Maschine in das IT-System übertragen werden. Damit Sie hier Drilldown Funktionen zur Verfügung haben, müssen die Daten bis auf die Produktion der Einzelstücke aufgegliedert sein. Noch besser sind allerdings Teilabschnitte innerhalb einer Maschine oder einer Maschinenlinie. Sollten Sie ohnehin Traceability einsetzen wollen, geht das mehr oder weniger gleich in einem Schritt. Das Konzept der Traceability kann so geplant werden, dass Sie mit den Trace-Abschnitten gleich Performancedaten der Maschine mitliefern lassen können. Die Abschnitte mit den Events zum Tracing sind dann gleich so geplant, dass diese auch Arbeitsschritten innerhalb der Maschine entsprechen.
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Health Daten der Maschine: wie „gut“ geht es Ihren Anlagen?
Sind aktuell Probleme vorhanden, oder wird es bald Probleme geben?
Muss ein Teil ausgetauscht werden?
Betreibt der Kunde die Maschine richtig?
Für diese Aussagen benötigen Sie Daten der Maschine selbst. Zu diese Art von Daten zählen Schaltspiele von Ventilen, Fahrstrecken von Motoren und Riemen und zusätzliche Daten von internen Sensoren. Einerseits sind diese Daten interessant für Sie als Anlagenbetreiber, um Wartungsintervalle nach Abnutzung von Teilen vorausschauend zu planen. Andererseits auch für Sie als Hersteller, um einen tieferen Einblick in die tatsächlichen Rahmenbedingungen über den Maschineneinsatz zu erhalten. Mit einer Predictive Maintenance Lösung lassen sich diese Daten gewinnen und auswerten (siehe auch in unserer Case Study). Außerdem können Sie mit Health Daten sehr schnell Aussagen treffen, ob alles innerhalb der passenden Parameter läuft. Z.B. bei automatischen Bierzapfanlagen kann mit Druck- und Temperaturwerten eine Aussage getroffen werden, ob der Vorgang überhaupt möglich ist. Liegen die Werte außerhalb bestimmter Bereiche, kann mit Sicherheit geschlossen werden, dass es hier zu Problemen kommen wird.
Risiken einer Vernetzung
Mit Sicherheit überwiegen die Vorteile einer integrierten Datenanbindung von Maschinen. Gerade deswegen müssen wir uns auch potenzielle Gefahren genauer anschauen. Schon in der Planungsphase müssen die Anforderungen an die IT beim Kunden formuliert und kommuniziert werden. Es klingt zwar banal, aber die Erfahrung zeigt, dass eine Inbetriebnahme durch ein noch nicht verlegtes Netzwerkkabel Stunden verzögert wird. Oder dass eine IP-Adresse vom Hersteller fix festgelegt ist, diese aber in einem Bereich ist, der beim Kunden schon vergeben ist.
Für den Betrieb einer Maschinen-IT haben Endkunden oft eine sehr strikte IT-Policy. Darin ist genau festgelegt, welche IP-Adressen und Ports kontaktiert werden dürfen und welche Zusatzsoftware auf den Rechnern installiert sein muss. Z.B. eine Antivirensoftware oder eine Firewall. Als Maschinenhersteller möchte man sich von solchen „unnötigen Zusatzprodukten“ gerne befreien. Deswegen gilt auch hier, schon in der Planungsphase mit dem Endkunden abklären, was hier erwartet wird.
Horizontal – Vertikal – Kundensystem – Cloudplattform
Je nach Typ ist eine Schnittstelle mehr oder weniger stark verbreitet. Die meisten Industrielinien werden eine horizontale Schnittstelle umfassen. Diese sind in der Regel auf einer SPS-nahen Technologie aufgebaut (z.B. Profinet oder Profibus) und vernetzen mehrere Maschinen direkt miteinander. Wobei hier meist nur rudimentäre Daten zum Betrieb der Linie ausgetauscht werden. Z.B. das Auslaufsignal ist mit dem Einlaufsignal der Nachfolgemaschine verbunden.
Interessanter in Richtung Smart Industrie wird es mit vertikalen Schnittstellen. Vertikale Schnittstellen verbinden über- und untergelagerte Systeme miteinander. Das können auch hier mehrere Maschinen miteinander sein. Oder es geht von der Anlage auf ein Kundensystem oder eine Cloudplattform.
Wenn Sie Endkunde sind, wird Sie mehr interessieren, welche Daten von der Anlage angeboten werden und wie Sie diese weiterverarbeiten können. Z.B. in einer Webplattform mit grafischen Auswertungen und Berichterstellung (z.B. Abrechnungsdaten, Qualitätsberichte, Energie- und CO2 Verbrauch, …).
Wenn Sie Hersteller sind, wird für Sie die Integration einer Lösung, die für möglichst alle Ihrer Kunden passend ist, interessant sein. Wichtig dabei ist, die Prozesse der Maschine festzulegen und welche Daten mit welchem Format geliefert werden und auch Optionen offenlassen, um spezielle Kundewünsche und Kundenformate integrieren zu können.
Die Anbindung der Maschinen an Kundensysteme und Cloudplattformen wird immer mehr zu einem wichtigen Thema. Wenn nicht sogar bei manchen Projekten zu dem entscheidenden Thema. Ist die Anlage beim Endkunden an das MES oder ERP System angebunden, können die oben angesprochenen Vorteile erst vollständig genutzt werden. Welche Technologien für diese Anbindungen genutzt werden können, ist im folgenden Abschnitt beschrieben.
Technologien
Der Klassiker unter den Schnittstellen zu Kundensystemen (nicht zu Cloudplattformen) ist nach wie vor ein Datenaustausch via CSV. Die Einfachheit und Universalität dieser auf Text in Tabellenform basierter Daten ist immer noch gerne gesehen. Das Laden von Auftragsdaten für die Produktion oder Anmelde- und Rückmeldedaten der Werkteile während der Produktion ist kein Problem. Auch Maschinenintegrationen in Richtung MES Systeme inkl. Traceability lassen sich mit CSV Daten lösen. CSV stößt allerdings an seine Grenzen, wenn bestimmte Detailschritte während der Produktion in Echtzeit an das MES gemeldet werden sollen.
Wenn eventbasiert kommuniziert werden muss, sollten Sie auf eine andere Technologie wechseln, wie MQTT oder SECS/GEM. Events ergeben sich aus dem Prozessablauf in der Maschine und stellen Übergänge des Werkstücks dar. Das könnte eine Fertigstellung eines Produktionsschrittes sein oder die Einfahrt in den nächsten Abschnitt. Die Events werden sofort beim Auftreten über die Schnittstelle geschickt. Zusätzlich zum Event werden die passenden Daten mitgeliefert.
Z.B.: Event WorkpieceUnloaded mit diesen Parametern:
- ContainerNr
- WorkpieceId
- UnloadStatus
Wenn das Event ausgelöst wird, wird es zusammen mit den Parametern an des Zielsystem geschickt. Dort findet eine Weiterverarbeitung oder Speicherung statt. Während SECS/GEM für unternehmensinterne Kommunikation geeignet ist, kann MQTT für auch für den Datentransfer zu einer Cloudplattform verwendet werden.
MQTT hat sich aus den IoT Protokollen als Favorit herausgebildet. Für eine MQTT Kommunikation ist immer ein Broker notwendig. Der Broker ist der Dienst, wo die Maschine die Daten als Publisher übermittelt. Die Subscriber erhalten vom Broker die Nachrichten zugestellt. Dabei kann MQTT mehrere QoS Stufen der Nachrichten unterstützen und trägt Sorge, dass Nachrichten auch bei einer Unterbrechung der Kommunikation verlässlich übertragen werden. Der Brokerdienst kann unternehmensintern betrieben werden oder auch als Service zugekauft werden.
Fazit
Egal in welcher Projektphase Sie sich gerade befinden und egal ob Sie Endkunde oder Hersteller sind, eine genaue Planung ist unerlässlich. Da bei einer Maschinenintegration erfahrungsgemäß oft mehrere Firmen beteiligt sind, sollten für eine termingerechte erfolgreiche Projektumsetzung die genauen Anforderungen und Funktionen vorher festgelegt werden. Der Verweis auf eine agile Umsetzung, bei der Anforderungen im Rahmen des Budgets veränderlich sind, wirkt sich bei dieser Art von Projekt eher nachteilig aus.
Besonders die übertragenen Daten und Events, die verwendeten Technologien und Standards und mögliche Bedienereingriffe des Operators in eine vollautomatisierte und integrierte Maschine sollten vor dem Projektstart mit ausreichend Details niedergeschrieben sein.
Trotz der notwendigen Präzision bei der Umsetzung werden Projekte dieser Art sich immer schneller amortisieren. Ganz besonders in Industriezweigen mit hohem Energieverbrauch und der schon angesprochenen CO2 Steuer.
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